Der Rosengarten von König Laurin
Deshalb färben sich die Dolomiten in der Dämmerung rosa
Haben Sie schon einmal von der Enrosadira gehört? Das ist eine Art Magie, die sich jeden Tag bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang wiederholt, wenn die Sonnenstrahlen die Spitzen der Dolomiten berühren und in rote Farbe tauchen. Es ist ein außerordentlich eindrucksvolles Ereignis, das die Menschen seit Jahrhunderten in wunderschöne Geschichten eingesponnen haben.
Die bekannteste ist die Geschichte vom König Laurin und seinen wunderschönen Rosen. Geben Sie gut acht!
Vor vielen, vielen Jahren lebte auf dem Catinaccio-Bergmassiv der listige König der Zwerge Laurin, der jeden Tag in den Tiefen der Berge nach wertvollen Edelsteinen schürfte. Zu seinen vielen Schätzen gehörte ein magischer Gürtel, mit dem er sich unsichtbar machen konnte.
Eines Tages hielt der König an der Etsch ein großes Fest ab, zu dem er alle Adeligen einlud, aber nicht den König Laurin. Der Zwergenkönig ging trotzdem hin und benutzte seinen Gürtel, damit er nicht gesehen wurde. Auf dem Fest war auch die wunderschöne Königstochter Similde. Als Laurin sie erblickte, verliebte er sich sofort in sie. Da er unsichtbar war, gelang es ihm, sie zu entführen und in sein Reich auf dem Catinaccio zu bringen.
"Durch einen Zauberspruch bedeckte er die Berge mit einer wunderschönen Decke aus roten Rosen"
Aus Liebe zu dem Mädchen bedeckte er die Berge durch einen Zauberspruch mit einer wunderschönen Decke aus roten Rosen (aus diesem Grund wird das Catinaccio-Bergmassiv in Deutsch als „Rosengarten“ bezeichnet). Der König an der Etsch aber zog mit seinen Soldaten zum Reich des Königs Laurin, um seine Tochter zu befreien.
Der Zwergenkönig war sicher, dass ihn niemand finden konnte, weil er sich durch seinen Gürtel unsichtbar machen konnte. Eines aber hatte er nicht bedacht: Jedes Mal, wenn er sich in seinem Rosengarten bewegte, trat er auf eine Rose. So brauchten die Soldaten des Königs nur dem Pfad aus zertretenen Rosen zu folgen, ergriffen Laurin und nahmen ihm den Zaubergürtel ab.
"Doch König Laurin hatte nicht an die Dämmerung gedacht, die ja weder Tag noch Nacht ist."
Dem armen Zwergenkönig blieb nichts anderes übrig, als sich zu ergeben und die schöne Similde ihrem Vater zurückzugeben. Zuvor jedoch belegte er den Rosengarten, der ihn verraten hatte, mit einem Fluch: „Weder bei Tag noch bei Nacht soll kein Mensch deine Pracht mehr bewundern können“. Und so blieb dort, wo einst wunderschöne Rosen wuchsen, nur noch nackter Fels.
Doch der Zwergenkönig Laurin hatte nicht an die Dämmerung gedacht, die ja weder Tag noch Nacht ist. Und deshalb können wir auch heute noch, wenn die Sonne hinter den Bergen versinkt, den Garten mit roten Rosen bewundern, der die Spitzen der Dolomiten in rote Farbe hüllt.